Revolution!


Revolution!

Was gibt Schöneres, als die neue Filmsaison nach der Sommerpause mit einer Revolution zu starten? Oder gar mit mehreren Revolutionen?

Das Kino in der Reitschule lädt in September zu einer Reise durch die (Film)geschichte ein. Gezeigt werden Werke aus verschiedenen Epochen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven revolutionären Ereignissen und Prozessen annähern.

Den Auftakt zur Reihe – wie hätte es anders sein können? – bildet ein Klassiker der sowjetischen Filmografie. Oktober wurde als Auftragswerk zur Zehnjahresfeier der bolschewistischen Revolution gedreht. Trotz propagandistischen Hintergrund, sticht der Film mit seiner ku?hnen Ästhetik und mit seiner experimentellen Bildsprache hervor. Eine ähnliche Spannung zwischen Propaganda und filmische Brillanz prägt den in den 90er Jahren dank Martin Scorsese und Francis Ford Coppola wiederentdeckten Film Soy Cuba. Der Episodenfilm zur Vorgeschichte der kubanischen Revolution sei «unbestreitbar monströs und atemberaubend schön», schrieb etwa der amerikanische Filmkritiker Jonathan Rosenbaum.

Ganz eine andere Perspektive wählte Margarethe von Trotta, als sie die Geschichte der deutschpolnischen Sozialistin Rosa Luxemburg filmte. Sie legte das Augenmerk weniger auf historische Vollständigkeit, näherte sich dafu?r vielmehr den persönlichen, inneren Beweggru?nden politischen Handelns. Eine sensible Hommage an die antiautoritäre Sozialistin, die vor genau 100 Jahren in Berlin umgebracht wurde.

Aber inwiefern vermögen die Revolutionen der Vergangenheit in Dialog mir der Gegenwart zu treten? Diese Frage beantwortete Peter Watkins in ‹seinem› monumentalen Film La Commune u?ber die Pariser Kommune von 1871, indem er das Werk als kollektives, revolutionäres Projekt konzipierte und die Grenze zwischen historischen Fakten und kinematografischer Fiktion sprengte. Der filmische Marathon (6 ½ Std.) ist eine ständige Einladung, mitzudiskutieren und mitzustreiten.

In seinem Spielfilm La battaglia di Algeri verschrieb sich Gillo Pontecorvo hingegen ganz dem dokumentarischen Realismus. Seine nu?chterne, in Frankreich lange verbotene Rekonstruktion der Anfangszeit des Algerienkriegs bleibt sowohl inhaltlich als auch filmtechnisch ein u?berzeugendes Beispiel der politischen Kraft des Kinos.

Bei den zwei letzten Filmen der Reihe handelt es sich um Dokumentarfilme, die in erster Linie auf Archivmaterialien basieren. The Black Power Mixtapes 1967-1975 erzählt aus nächster Nähe die Geschichte einer der einflussreichsten Bu?rgerrechts-Bewegungen der westlichen Welt anhand von 16mm-Aufnahmen, die von einer Gruppe von schwedischen TV-Journalist*innen vor 40 Jahren gedreht wurden. Vogliamo anche le rose ist ein filmisches Portrait u?ber die weitgreifende Veränderung, welche die sexuelle Befreiung und die Frauenbewegung der 60er und 70er Jahren in Italien hervorgebracht hat. Der Film, der sich auf Filmdokumente, verschiedenster Quellen sowie auf die persönlichen Erlebnisse dreier Frauen der Gegenwart stu?tzt, zeigt auf eindru?ckliche Weise, wie stark die Frauenbewegung das revolutionäre Jahrzehnt 1968–1977 in Italien prägte.