Vom Fru?hjahr bis Oktober 1917. Acht Monate: die Geschichte der russischen Revolution. Fu?r diesen
Film, den das Moskauer Politbu?ro zur Zehnjahresfeier des Umbruchs in Auftrag gibt, stehen
Eisenstein 500'000 Rubel, 10'000 Statisten, das Winterpalais, die Stadt St. Petersburg-Leningrad, der
Panzerkreuzer «Aurora» und – am Höhepunkt der Energiekrise – eine Unzahl von Kilowattstunden
Strom zur Verfu?gung. Statt eines Agit-Monumentalschinkens dreht er indes seinen wildesten,
intellektuellsten, experimentellsten, barockesten, ku?hnsten Film. Endlos hebt sich in filmischer
Zeittransformation die Neva-Zugbru?cke, gleitet das Haar der Toten u?ber die Bru?ckenkante, baumelt
der Pferdekadaver u?ber der Tiefe. Laut Eisenstein sei die Hieroglyphensprache des Films in der Lage,
jede Vorstellung, jedes System, jedes politische Schlagwort rein aus sich selbst, also vorbehaltlos
filmisch zu artikulieren.
Die Premiere «Oktobers» fiel in die Zeit der Kulturrevolution, die 1928 eingeleitet wurde und mit dem
Sieg des stalinistischen Lagers innerhalb der Partei endete. Der sozialistische Realismus wurde nun
als Staatskunst postuliert, die sich eines stark eingeschränkten Themenkatalogs zu bedienen hatte:
Kunst wurde normiert, sie sollte parteilich sein, wirklichkeitsnah und vor allem verständlich. Eisenstein
revolutionäre Ästhetik und sein Symbolismus fielen durch.
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